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SeeblickgeschichtenBunkerführungen · Bericht zu den Gegebenheiten in Wünsdorf
Vor einigen Jahren begannen die Führungen durch die Wünsdorfer Bunkeranlagen. Seitdem betraten Tausende von Besuchern einen Teil jener unterirdischen Betonfestungen, von denen aus die Nazis das militärische Räderwerk der Okkupation großer Teile Europas in Gang gesetzt hatten. Bereits im August 1933 wurde der Raum Zossen - Wünsdorf als Standort der obersten Kommandobehörde für den Fall eines Krieges ausgewählt. Um 1910 war hier eine Kaiserliche Garnison mit Truppenübungsplatz entstanden.
Die vorhandenen fernmeldetechnischen Voraussetzungen waren allerdings bis 1933 in Wünsdorf äußerst dürftig. Deshalb erteilte die Heeresleitung als erstes den Auftrag zur Projektierung einer Fernmeldezentrale. Nach ersten Vorbesprechungen 1935 traf der Chef des Generalstabes für den Standort am 14. August 1936 eine Grundsatzentscheidung. Der Plan sah zwei verbunkerte Nachrichtenzentralen vor : - das "Amt 500" für den Führungsstab und das "Amt 501" für das Transportwesen. Ende 1937 wurde entschieden, nur das "Amt 500" auszuführen. Das Reichspostministerium wurde angewiesen, einen neuen Projektvorschlag vorzulegen. Aus der für Zossen-Wünsdorf eingebürgerten Bezeichnung "Z" wurde der Deckname "Zeppelin".
Nach einer erneuten Projektänderung (1938) entstand bis Mitte 1939 eine bis zu 25 Meter in die Tiefe reichende Betonanlage, mit oberem und unterem Betongeschoss, darunter Tiefkeller und schließlich, ganz unten, Kabel- und Rohrstollen. Dazu gehörte ein Stollensystem mit mehreren Endbauwerken (getarnt als Familienhäuser), Notausstiegen, Hilfsschächten sowie acht Tiefbrunnen.
Dazu kamen diverse technische Einrichtungen wie Lastenaufzüge, Notstromaggregate, Be- und Entlüftung, Rohrpostsystem, Werkstätten, Gleichrichter und Umformer. Die Arbeiten wurden zu Beginn 1939 so beschleunigt, daß bereits Ende Mai "Zeppelin" den Probebetrieb aufnehmen konnte. Am 22. August 1939, also wenige Tage vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, begann der reguläre Dienst. Über welches wichtige bzw. äußerst wirkungsvolle Instrument der Kommunikation die Nazi-Führung nun verfügte, zeigen die Ereignisse bei der Auslösung von "Fall Weiß" (Überfall auf Polen), als Hitler, am 25. August aus politischen Gründen seinen um 15 Uhr gegebenen Befehl gegen 19 Uhr zurücknahm und die Aufmarschbewegungen stoppen ließ.
Nur durch das Funktionieren von "Zeppelin" war dies möglich, ebenso wie die Ausgabe des neuen kurzfristigen Termins für den 1. September, 04:45 Uhr. Von der Nachrichtenzentrale führte der Südstollen zu einer anderen Bunkeranlage in unmittelbarer Nachbarschaft, genannt Siedlung "Maybach 1". Sie wurde wahrscheinlich zeitgleich mit " Zeppelin " projektiert und ab 1937 gebaut. Insgesamt wurden zwölf Bunkerhäuser errichtet, jeweils mit einem zweietagigen oberirdischen Teil, und zwei Bunkergeschossen. Das oberirdische Gebäude, geschickt getarnt als Wohnhaus, war vollständig aus Beton mit bis zu 1 Meter starken Wänden, Decken und Dächern und gegen die unterirdischen Teile durch Stahltüren gasdicht abgeschlossen. Ein etwa 600 Meter langer Ringstollen verband die Bunkerhäuser.
"Maybach 1" wurde in den letzten Augusttagen des Jahres 1939 bezogen, unter anderem vom Oberbefehlshaber des Heeres mit persönlichem Stab, Chef des Generalstabes, Chef des Heeresnachrichtenwesens, Stab des Generalquartiermeisters, den Abteilungen "Fremde Heere Ost" beziehungsweise West (militärische Aufklärung/Spionage). Analog zu dieser, nachrichtenmäßig vorzüglich ausgestatteten Bunkersiedlung, entstand etwa einen Kilometer südlich davon "Maybach 2", bestehend aus elf Bunkerhäuser und einem Maschinenhaus. Bezogen wurde diese Anlage 1940. Zuletzt befand sich hier unter anderem der Wehrmachtsführungsstab. In der ersten Februarhälfte 1945 begann die Verlegung vieler Heereseinheiten aus Zossen-Wünsdorf nach Mittel- beziehungsweise Süddeutschland, was nach dem schweren Luftangriff vom 15. März 1945 auf Zossen noch forciert wurde. Der Bombenhagel hatte auf die Bunker keine Auswirkungen.
Als am 20. April 1945, nach schweren Kämpfen am Wolziger See die Rote Armee den Raum Wünsdorf einnahm, fielen ihr "Zeppelin" sowie "Maybach 1 und Maybach 2" unversehrt in die Hände. Gemäß dem Potsdamer Abkommen wurden die Bunkeranlagen der beiden Maybach - Komplexe 1947 bzw. 1948 durch die Sowjetarmee gesprengt. Die oberirdischen Bestandteile von "Maybach 2" wurden bis 1953 zusätzlich weitgehend demontiert. Warum dies bei der Bunkeranlage "Zeppelin", bis auf zwei wenig erfolgreiche Versuche unterblieb, ist bis heute noch nicht geklärt. Kurz nach Kriegsende richtete sich der Führungsstab von Marschall Shukow in Wünsdorf ein und ab 1953 nahm dort das Oberkommando der "Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland" (GSSD) seinen Sitz ein.
Die unteren Etagen wurden vom eindringenden Grundwasser überflutet. Ab etwa 1960 wurden die noch außerhalb der Garnison liegenden Bunkeranlagen zum Sperrgebiet. Sie wurden leergepumpt und zur Kommando- beziehungsweise Fernmeldezentrale des Oberkommandos (Deckname "Ranet") um- oder teilweise ausgebaut. Auch der Befehlsstand des Oberkommandos fand hier seinen Platz. Ab 1974 nahm in Wünsdorf die Vereinigte Hauptzentrale 14 ihren Dienst auf. Es war eine Luftraumkoordinierungs - und Flugsicherungsstelle, in der Offiziere der Sowjetarmee und der Nationalen Volksarmee gemeinsam tätig waren.
Diese Einrichtung wurde am 3.Oktober 1990 unter der Bezeichnung "Luko" von der Bundeswehr übernommen, jedoch nur für kurze Zeit, da kein Interesse bestand, Wünsdorf-Zossen weiter als militärischen Standort zu erhalten. Bis zum Abzug der nunmehr russischen Truppen am 8.September 1994 erfolgte die Demontage der Einrichtungen von "Zeppelin". Vorhandene Dokumente wurden nach Moskau verfrachtet, zusammen mit jenen Unterlagen, die Aufschluss über viele, bis heute unbekannte Details geben können. Versuche, dazu Zugang zu erhalten, schlugen bisher fehl. So kann natürlich auch Deutsch-Sowjetische Freundschaft aussehen.
Für die historische Richtigkeit des Berichtes übernehmen wir keine Gewähr.